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Tigger Tom siegt auf Hawaii in Rekordzeit

Thomas Frühwirth pulverisiert Streckenrekord auf Hawaii (© privat)

Para-Athlet Thomas Frühwirth pulverisierte bei den Ironman-Weltmeisterschaften auf Hawaii den Streckenrekord. In 8h 15m 39s absolvierte er die 3,8km Schwimmen, 180km auf dem Handbike und 42km auf dem Rennrollstuhl.

Hier sein Bericht:

Mit einem Trainingslager in Salt Lake City und auf Maui, war die Vorbereitung wirklich ein All-In Ansatz, von der finanziellen Seite reden wir lieber gar nicht. Diese sieben Wochen, nach der UCI Paracycling-WM, liefen wirklich perfekt und ich konnte alles wie geplant umsetzen. Die zweiwöchige Tapering-Phase, war dann mental aber schwierig. Wenn man von großem Trainingsumfang runter kommt, weiß der Körper oft selbst nicht, was er anfangen soll. In der letzten Woche kamen dann noch Verdauungsprobleme, zum Glück nur eine 24h Geschichte und dreitägige Halsschmerzen dazu. Das hat an meinen Nerven schon ziemlich gekratzt. Ich hatte nur ein Mantra: „Es wird schon, es wird. Alles ist gut!“ Es wurde auch, also stand ich in Bestform am Start.
 
Allen Handcycle-Athleten starteten 2min nach den Profi-Frauen. Mit einem Startsprint ging ich an die Spitze und drehte mich nie mehr um. Ich schwamm mich fast in einen Rausch und fühlte mich über die gesamten 3,8km sehr stark. Auch einige Profi-Frauen wurden von mir eingeholt. Mit 1h01min bin ich super zufrieden, denn es waren wellige Bedingungen, was man ja an den Schwimmzeiten der Profi-Frauen sehen konnte. So war z.B. eine Gruppe um Daniela Ryf und Anne Haug nur 3min schneller als ich.
 
Der erste Wechsel verlief „ratz fatz“. Im Handbike konnte ich die geplante Leistung sofort umsetzen und war sogar positiv überrascht, dass die Herzfrequenz unter den erwarteten Werten blieb. Diese Leistung zog ich auch über die gesamte Strecke durch. Egal ob flach, bergab, bergauf (+5%), egal ob es wärmer und wärmer wurde und der Wind stärker und stärker. Am Beginn überholte ich noch einige Athletinnen, aber zu 98% war ich komplett alleine unterwegs. Bei der Wende, in „Hawi“ war ich sehr überrascht, dass die Spitze gar nicht so weit vor mir lag.
Auf den letzten 25km bekam ich leichte Krämpfe, aber ich konnte immer voll weiterdrücken und ging einfach „drüber“. 5h01min – WOW!! Ich hatte im besten Fall mit 5h15min gerechnet. Fast 36km/h im Schnitt auf 180km mit 1400Höhenmeter, Wind und Hitze.
 
Der zweite Wechsel war mit 2min super schnell. Auf der Laufstrecke galt es dann alles rauszulassen, was noch da war. Ich bleib nie stehen um mich zu kühlen, und es war brutal heiß, ich wollte nichts herschenken. Bei Hälfte der Laufstrecke, war ich schon ziemlich am „Kochen“, aber als es etwas von der abgeschirmten Küste weg ging, gab es auch wieder etwas Wind. Auch beim Rennrollstuhlfahren bekam ich zum Schluss vereinzelt Krämpfe, aber auch hier war es mir einfach egal. Marathonzeit 2h05min.
 
Ich war in allen drei Disziplinen schneller als 2013: beim Schwimmen um 4min, beim Handbiken um 41min, beim Rennrollstuhlfahren um 4min. Die „große“ Zeit habe ich natürlich beim Handbiken geholt. Es hätte nirgends besser laufen können und es war mit Sicherheit die beste Leistung meiner Karriere. 8h15min39sec – was soll ich viel sagen? Selbsterklärend!

Nach Tokio machte ich mir einen Desktop-Hintergrund mit dem Satz: „Ironman Hawaii unter 8h30min“ - zuerst muss man es glauben können, später vielleicht umsetzen! Es war ein sehr ehrgeiziges Ziel und ich konnte es verwirklichen. Sogar noch etwas besser. Bei dem Aufwand: organisatorisch, körperlich, mental, finanziell, den ich für dieses Ziel betrieben habe, ist es sehr befriedigend, dass es so aufgegangen ist.
 
Dass ich das ganze Rennen sogar „over all“ gewonnen habe, ist mir persönlich egal und ich möchte Para-Triathlon auch nicht mit „normalem“ Triathlon vergleichen. Für den Para-Sport, war es aber sicher eine sehr gute Werbung und ein weiterer Meilenstein, wenn ein Para-Athlet bei einem solchen internationalen Mega-Event als erster über die Ziellinie kommt. Dann versteht man, dass Para-Sport (in einigen Sportarten und Klassen) wirklicher Hochleistungssport ist.
 
Das Ergebnis macht mich durchaus stolz und ich würde mich selber zum „Sport-Ritter“ schlagen. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht oft von „Stolz auf Leistung“ rede. Ich hatte in 2013 mit 9h02min einen Hawaii-Streckenrekord geschafft, welchen ich in 2017 verloren hatte: Jetze Plat (NED) hatte ihn mit 8h41min gebrochen. Nun ist er wieder mein! („Mein Schatz!“ – Zitat aus Herr der Ringe) Was bekomme ich dafür? Ein Handtuch und die gleiche Medaille wie jeder Finisher, es gibt weder Preisgeld, Blumenkranz, noch sonst etwas. Solange er „MEIN“ ist, sehe ich keinen Grund für eine Rückkehr, nicht bei diesen Preisen, es gibt noch viele andere schöne Rennen.
 
Nun werde ich noch 10 Tage Hawaii genießen, es gibt hier ja auch noch einen sehr hohen Berg zu befahren.
Dann erhole ich mich in der Off-Season: es gibt viel Organisatorisches zu erledigen.
 
2023 werde ich mich hauptsächlich auf das Handbiken fokussieren, Paris 2024 steht ja schon fast vor der Tür.

08/10/22 12:14 zurück

ETU / ITU News